Ann-Marlene Henning ist aktuell in aller Ohren: Ob in ihrem Spotify Original Podcast “Beziehungsweisen” oder ihrem zweiten Hör-Format “Ach, komm!”, bei Fragen rund um Sex kommt man an Ann-Marlene Henning aktuell nicht vorbei. Bekannt wurde sie durch ihren Aufklärungs-Bestseller “Make love” und ihrer gleichnamigen Show im ZDF. Im couch:now-Programm “Soforthilfe bei Beziehungsproblemen” bietet die bekannte Paartherapeutin und Sexologin konkrete Unterstützung zu Themen wie Selbstbefriedigung, Pornografie oder Vaginismus. Im persönlichen Gespräch mit Dr. Stefan Junker spricht die couch:now-Psychologin über Ehrlichkeit, über die schönsten Momente in Paartherapien und gibt eine Anleitung für schlechten Sex.
von Stefan Junker und Maria Schmidt
Dr. Stefan Junker: Wie würdest Du Dich und Deine Arbeit den couch:now-Nutzer:innen vorstellen?
Ann-Marlene Henning: Ich bin Ann-Marlene Henning. Ich bin Paar- und Sexualtherapeutin und zu mir kommen Leute, die Probleme in ihrer Beziehung oder spezifisch sexuelle Probleme haben. Wichtig ist, man darf und kann alles in meiner Praxis sagen. Eins meiner Credos ist: Ich habe nicht zu werten, ob jemand falsch oder richtig ist. Denn, genau das ist nämlich die häufigste Frage, die die Leute haben: Bin ich eigentlich normal? Und ich sage: Ja, alle sind normal.
Dr. Stefan Junker: Was sagen Klient:innen von Dir? Wie nehmen die Dich wahr?
Ann-Marlene Henning: Viele Leute – Freunde und Klienten – sagen mir: “Du sagst bzw. Sie sagen das alles so gerade heraus. Einfach so … “ Ja, Ellenbogen oder Genital, beides sind Körperteile und wir können einfach drüber sprechen, wie die Dinger funktionieren. (lacht)
Dr. Stefan Junker: Warum gehst Du genau dieser Arbeit, die Du machst, nach?
Ann-Marlene Henning: Ich mache diese Arbeit der Sexual- und Paartherapeutin sehr, sehr gerne. Manchmal ist es nur so ‘ne Kleinigkeit die fehlt. Und dann fühlt sich mein Gegenüber plötzlich normaler und entspannter. Vieles, oder Alles, geht dann sehr viel leichter.
Dr. Stefan Junker: In einer Welt, in der es keine Paar- und Sexualtherapie gäbe … was würdest Du da machen?
Ann-Marlene Henning: Wenn ich jetzt nicht Sexual- und Paartherapeutin wäre, dann wäre ich irgendeine Form von Künstlerin. Also was Kreatives würde ich machen. Genau das mache ich ja auch in meinem jetzigen Beruf. Ich muss sehr kreativ sein mit Klienten und Klientinnen, denn es geht ja darum, mein Gegenüber zu erreichen. Egal, wie ich das anstelle. Kreativität ist da wirklich grundlegend. Dazu kommen Mut und Neugierde.
Dr. Stefan Junker: Welche Werte vertrittst Du in Deiner Kreativ-Arbeit mit Klient:innen? Was treibt Dich da an?
Ann-Marlene Henning: Die wichtigsten Werte für mich sind … Ja, zum Einen Ehrlichkeit. Ich sage die Dinge wirklich sehr pragmatisch … down to earth, klar, deutlich, clean. Und ja, es gibt Gefühle und andere Dinge, die man schwieriger zuordnen kann. Die haben auch ihren Platz. Aber vor allem bin ich eine Erklärerin. Dann gibt es nämlich sehr oft ein: “Achso!” Und das liebe ich.
Dr. Stefan Junker: Woran erkenne ich, dass ich bei Ann-Marlene Henning sitze und nicht bei jemand Anderem? Was unterscheidet Dich von anderen, was denkst Du?
Ann-Marlene Henning: Ich weiß ja nicht, wie andere das machen… Aber ich höre öfter “Ach, das ist so herrlich entspannt bei Ihnen!”. Das nehme ich erstmals als Kompliment, wobei es nicht immer entspannt sein sollte. Wir gehen tief an die Themen ran und das wird manchmal sehr … ja … ernst. Viele Leute weinen auch mal in der Therapie. Aber begleitend ist bei mir tatsächlich eine Lebendigkeit, eine Neugierde und sehr, sehr oft Humor. Das ist für mich super wichtig und für die Klienten und Klientinnen anscheinend auch.
Dr. Stefan Junker: Wo würdest Du sagen, bist Du eher nicht so gut drin?
Ann-Marlene Henning: Ich glaube, für jeden Therapeuten, für jede Therapeutin ist es gut, Grenzen zu wahren und auch aufzuzeigen. Ich wirke sehr entspannt und deshalb denken die Leute oft, sie könnten bei mir einziehen. Da wird es zur Dauer-Übung für mich: Diese Freundlichkeit, die ich habe, ist gut, aber gleichzeitig muss ich Grenzen zeigen. Ich nutze oft Beispiele aus meinem eigenen Leben, aus meiner Erfahrungswelt, das ist aus meiner Sicht auch in Ordnung, aber nicht in jeder Kleinigkeit. Da müssen definitiv Grenzen gewahrt werden.
Dr. Stefan Junker: Wo liegen denn Deine Grenzen als Therapeutin? Gibt es Dinge, die Dich aus der Fassung bringen können?
Ann-Marlene Henning: Es ist schwer, mich in der Praxis aus der Ruhe zu bringen. Also, das ist sehr selten passiert. Und meist war das mit Leuten, die wirklich – egal wie klar die Erklärung ist – Dinge nicht wissen oder hören wollen. Und da bin ich früher viel mehr als heute, in so eine Art Defensive gekommen, wo ich mich erklärt habe und wollte, dass der Klient oder die Klientin bestimmte Dinge versteht. Das mache ich heute anders. Wenn ich merke, sie wollen oder können nicht, dann ist es nicht mein Job, davon zu überzeugen, dass sie dies oder jenes müssen.
Dr. Stefan Junker: Gibt es noch weitere Punkte, bei denen Du sagst, da bin ich heut anders als früher?
Ann-Marlene Henning: Ich bin heute anders als früher in meiner Art, wie ich Therapie mache, weil ich meine eigenen Beziehungen und mein eigenes Ich immer weiterentwickle. Ich darf es ja nicht auslassen, mich auch selbst in Frage zu stellen und zu reflektieren. Erst dann lerne ich weiter als Mensch. Wie könnte ich so etwas von meinen Klienten und Klientinnen verlangen, wenn ich es selber nicht täte. Ich tu’s also ständig. Und das entwickelt eben. Das ist schön.
Dr. Stefan Junker: Was bringt Dich ins Schwärmen?
Ann-Marlene Henning: Ich liebe das einfach, wenn ein Paar da sitzt: Sie waren vorher sauer aufeinander oder, ja, alles Mögliche waren sie … Und plötzlich ist bei dem Paar dieser Kontakt da. Ich kann förmlich sehen, wie sie denken “Oh, darf ich eigentlich rüber springen und losküssen?” Oder eine Umarmung machen oder irgendwas anderes. Ich sage: Sie dürfen! (lacht) Dann springen sie auf, sie machen es, und ich sehe happy life und Glück mitten im Raum, in meiner Praxis! Leute, die wirklich sich und die andere Person spüren … Und ich war dabei. Das ist einfach ganz toll! (lacht)
Dr. Stefan Junker: Was ist das größte Gift für Sex?
Ann-Marlene Henning: Es gibt mehrere große Gifte für Sex! Ein ganz Schlimmes ist: Ich weiß, was Dir gut tut. Egal, was Du sagst, ich meine es besser zu wissen, als Du selbst. Ich mache so weiter, wie ich dachte. Und dann ist es auch noch das Nicht-Spüren von sich selbst. Nicht wissen, was für eigene Bedürfnisse da sind. Und nichts sagen, wenn man es dann doch herausgefunden hat.
Dr. Stefan Junker: Mach mal ne Kochbuchanleitung für schlechten Sex, oder ein schlechtes Sexualleben.
Ann-Marlene Henning: Die Anleitung für schlechten Sex ist, ja, sowas wie: Rammel da durch. Einfach nicht nach rechts und links gucken. Mach einfach Dein Ding. Weil, dann bist Du ja alleine dabei, obwohl Du eigentlich mit jemandem im Bett liegst. (lacht) Und zum schlechten Sex gehört unbedingt auch, irgendwelche Dinge bringen zu wollen. Also so eine Art Leistungsdenken, das tötet ganz schön viel ab.
Dr. Stefan Junker: Angenommen, man würde Dich zwingen, Paaren mit sexuellen Herausforderungen nur eine einzige Sache mit auf den Weg zu geben … Was wäre der wichtigste Tipp?
Ann-Marlene Henning: Mein bester Tipp war da bislang: Traut euch! Wer auf couch:now ein paar Videos sieht, wird genau verstehen, was das heißt. Mittlerweile sag ich: Wagt etwas! Um die Gefahr kommt ihr nicht herum.
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